Historische Stimmung?

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    • Historische Stimmung?

      Hallo zusammen,

      die Tage werden ja wieder kürzer und ich habe das zum Anlass genommen, mir einmal wieder eine neue CD zu kaufen ^^ , nämlich eine Aufnahme der Winterreise (Jan Kobow und Christoph Hammer). Die Aufnahme ist "historisch informiert" insofern, als alle Lieder in ihrer Originaltonart (also für hohe Stimme) gespielt/gesungen werden und dass Herr Hammer auf einem Hammerflügel von Joseph Brodmann aus dem Jahr 1810 spielt.

      Über die Stimmung des Hammerflügels steht im Booklet, dass "the singer and his accompanist decided on tuning the Brodmann piano in the old way - the so-called "unevenly hovering" manner - which makes this historical instrument sound better than when it is tuned "evenly", as is the fashion today". Leider gibt es keine deutsche Übersetzung, aber da es sich um ein kanadisches Label handelt, gibt es immerhin eine französische Version. In dieser wird die Stimmung als "inégal flottant" im Gegensatz zu "égal" bezeichnet. Ich kann mit keinem dieser Begriffe etwas anfangen (wörtlich: "ungleichmäßig schwebend"???). :+

      Kann mir jemand in einfachen Worten erklären, was der Unterschied zur modernen Stimmung ist?

      Viele Grüße
      Lila
    • Ganz grob:
      Bei der gleichstufigen Stimmung werden alle Intervalle gleich 'unrein' gestimmt.
      Unser Tonsystem ist für Tasteninstrumenten eigentlich unbrauchbar, weil der Quintenzirkel bei reinen Intervallen nicht aufgeht. Man kommt bei Aufeinanderschichtung von reinen Quinten wieder bei einen C heraus das zu hoch ist.

      Bei einer ungleichstufigen Stimmung werden Tonarten bevorzugt( C, G, F, B, D, A ) und hauptsächlich die Terzen in Richtung rein gestimmt.
      Dadurch werden aber entlegenere Tonarten unbrauchbarer. Manchmal ist das aber vom Komponisten gewollt und er legt musikalische Höhepunkte in harmonische Zusammenhänge die schärfer, unreiner klingen.
      Grüße
      HKZ
    • Vielen Dank, HKZ :) ,

      heißt das, was in dem zitierten Booklet mit "inégal flottant" bzw. "unevenly hovering" bezeichnet ist, entspricht einer mitteltönigen Stimmung? Oder gibt/gab es da noch weitere Varianten? Kannst Du Dir vorstellen, dass ein historischer Hammerflügel von 1810 btatsächlich, wie im Booklet behauptet, besser klingt, wenn er nicht gleichstufig gestimmt ist?

      Hammerkopfzwacker schrieb:

      Bei einer ungleichstufigen Stimmung werden Tonarten bevorzugt( C, G, F, B, D, A ) und hauptsächlich die Terzen in Richtung rein gestimmt.

      Dadurch werden aber entlegenere Tonarten unbrauchbarer. Manchmal ist das aber vom Komponisten gewollt und er legt musikalische Höhepunkte in harmonische Zusammenhänge die schärfer, unreiner klingen.

      Das, was Du hier beschreibst, kenne ich bei Barockmusik. Ich hätte aber nicht gedacht, dass das auch noch Schuberts Musik betrifft. Ich habe mal in die Harmonielehre von de la Motte geschaut, er schreibt, dass sich ab dem 18. Jahrhundert die gleichstufige Stimmung durchgesetzt hat. Ob es wohl wirklich plausibel ist, dass Schubert 1827 noch auf einem ungleichstufig gestimmten Flügel gespielt hat?

      Viele Grüße
      Lila
    • Lila schrieb:

      Vielen Dank, HKZ :) ,

      heißt das, was in dem zitierten Booklet mit "inégal flottant" bzw. "unevenly hovering" bezeichnet ist, entspricht einer mitteltönigen Stimmung? Oder gibt/gab es da noch weitere Varianten? Kannst Du Dir vorstellen, dass ein historischer Hammerflügel von 1810 btatsächlich, wie im Booklet behauptet, besser klingt, wenn er nicht gleichstufig gestimmt ist?

      Mitteltönig mit Sicherheit nicht. Es gibt duzende ungleichstufige Temperierungen. Welche für Schubert geeignet wäre, ist durch Probieren herauszufinden.
      Möglicherweise wird man für unterschiedliche Stücke und Tonarten die Temperierung jeweils noch modifizieren müssen.
      HKZ
    • Es gibt zig Möglichkeiten von historischen so wie auch "wohltemperierten" Stimmungen. Sehr häufig handelt es sich bei sogenannten temperierten "Spezialstimmungen" um Abwandelungen der stinknormalen gleichschwebenden Stimmung. Nun ist aber eine gleichschwebende Stimmung nach Gehör so etwas wie eine eigene Handschrift; eine 100% exakte gleichschwebende Stimmung ist nur mit einer "Maschine" zu erreichen, ein jeder Stimmer hat nach Gehör leichte Abweichungen der exakten Gleichschwebung darinnen, was natürlich auch einen entsprechenden Klang ausmachen kann welcher man dann auch einen Namen verabreichen kann.
      Es ist also möglich daß die Stimmung Broadwoods einen besonderen Klang bei seinen Instrumenten hatte, weshalb man dies in der unendlichen Liste historischer und temperierter Stimmungen aufgenommen hat.
      Vielleicht wird ja auch mal ne Stimmung nach mir benannt ( ;-/ )......wobei, da unterscheidet sich wahrscheinlich die meinige Stimmung nach Gehör zu wenig von jener welche mit Stimmgerät erstellt wurde :-} :h:h:

      Viele Grüße

      Henry
    • Lila schrieb:

      Das leuchtet mir ein. Danke für die Erklärung!

      Henry schrieb:

      Vielleicht wird ja auch mal ne Stimmung nach mir benannt ( ;-/ )......
      Du meinst die berühmte "Henry-Stimmung" mit besonders strahlendem D-Dur? ;) :h:h: :h:h:


      Jetzt bin ich ein wenig verblüfft...woher weißt Du daß ich ein strahlendes D-Dur bevorzuge? :-} :h:h: :h:h: :h:h: :h:h:

      Viele Grüße

      Henry
    • Lila schrieb:

      Tja..... :--~ Stimmt's denn?

      Keine Bange, ich bin bei keinem Geheimdienst beschäftigt - das hattest Du hier mal geschrieben. Und ich hab's mir gemerkt weil ich D-Dur auch gern spiele. Allerdings schnarrt bei meinem Klavier zur Zeit das kleine fis, da muss ich wohl bis zum nächsten Servicetermin auf die b-Tonarten ausweichen... :) :h:h:


      Ja, des ist scho richtig, i mag ganz gern die Kreuze (dabei bin i ja garned regiliös) . WEnn Dein kloanes fis allerdings schnarrt, ist es wohl weniger verstimmt, als daß da ein anderes Problem vorliegt...vielleicht liegt ja da was zwischen Saite und Steg...kann sich ja dann der Klavierbauer mal anschauen. :h:h:

      Viele Grüße

      Henry