Anekdoten und Sprüche von Pianisten und anderen Musikern

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    • Der folgende Text ist eine von mir angefertigte deutsche Übersetzung eines Ausschnitts aus dem Buch "Great Contemporary Pianists Speak for Themselves" von Elyse Mach, das Interviews mit verschiedenen Pianisten enthält. Hier ein Ausschnitt, in dem Zoltán Kocsis von Sviatoslav Richter erzählt.

      Er [Richter] kann stundenlang üben (...). Er ist ein Mensch von tiefer Konzentration, und vielleicht ist auch dies ein Zeichen dafür, dass er nicht "normal" ist. Aber es gab Tage, an denen wir um 8 Uhr morgens anfingen zu üben, und ich Richter um 10 Uhr abends immer noch im Proberaum üben gehört habe. Wir begannen vierhändig zu üben und arbeiteten vier Stunden lang daran; Richter übte dann noch weitere sechs Stunden. Das gilt natürlich nicht für Tage, an denen wir ein Konzert gaben.

      (...) Ich erinnere mich an einen Vorfall während des Tours Festivals. Zunächst muss man wissen, dass das Tours Festival aus zwei Teilen besteht: einer Woche im Juni und einer Woche im Juli. In der Zeit zwischen den beiden Teilen fuhren wir nach Paris um dort zu üben, weil Richter dort etwas zu erledigen hatte. Was auch immer der Grund war, es war ihm jedenfalls sehr wichtig nach Paris zu gehen. Er liebt das Moulin Rouge, vielleicht war das der Grund. Jedenfalls wollten wir in der Wohnung eines guten Freundes von mir, Bruno Monsaingeon, üben; vielleicht haben Sie schon von ihm gehört. Er hat berühmte Filme gedreht und ein Buch über Glenn Gould geschrieben.

      Wir gingen also in Brunos Wohnung. Er lebte damals in der Rue Blomet und hatte einen kleinen Steinway Flügel. Es war wirklich alles sehr akzeptabel dort, bis auf die Tatsache, dass wir dort von anderen - ganz sicher nicht künstlerisch tätigen - Leuten umgeben waren. Wir begannen also zu üben und jemand klingelte an der Tür und erklärte uns, dass wir unmöglich weiter üben könnten, weil sie ein Schläfchen halten wollte, oder was auch immer. Sie sagte, es sei früher Sonntagnachmittag, deshalb sollten wir überhaupt nicht mehr üben. Ich ging zu Richter und sagte es ihm auf Russisch. Wissen Sie, Richter wurde sofort wütend. Er warf seine Brille auf den Boden und sie zerbrach in tausend Stücke. Er war so aufgebracht, dass er minutenlang auf Russisch fluchte. Dann lief er weg. Ich denke, er ging ins Moulin Rouge, aber ich weiß es natürlich nicht sicher. Natürlich zogen wir am nächsten Tag in eine andere Wohnung, und reisten dann zurück nach Tours.

    • Lila schrieb:

      Der folgende Text ist eine von mir angefertigte deutsche Übersetzung eines Ausschnitts aus dem Buch "Great Contemporary Pianists Speak for Themselves" von Elyse Mach, das Interviews mit verschiedenen Pianisten enthält. Hier ein Ausschnitt, in dem Zoltán Kocsis von Sviatoslav Richter erzählt.

      [...] Ich erinnere mich an einen Vorfall während des Tours Festivals. Zunächst muss man wissen, dass das Tours Festival aus zwei Teilen besteht: einer Woche im Juni und einer Woche im Juli. In der Zeit zwischen den beiden Teilen fuhren wir nach Paris um dort zu üben, weil Richter dort etwas zu erledigen hatte. Was auch immer der Grund war, es war ihm jedenfalls sehr wichtig nach Paris zu gehen. Er liebt das Moulin Rouge, vielleicht war das der Grund. Jedenfalls wollten wir in der Wohnung eines guten Freundes von mir, Bruno Monsaingeon, üben; vielleicht haben Sie schon von ihm gehört. Er hat berühmte Filme gedreht und ein Buch über Glenn Gould geschrieben.

      Wir gingen also in Brunos Wohnung. Er lebte damals in der Rue Blomet und hatte einen kleinen Steinway Flügel. Es war wirklich alles sehr akzeptabel dort, bis auf die Tatsache, dass wir dort von anderen - ganz sicher nicht künstlerisch tätigen - Leuten umgeben waren. Wir begannen also zu üben und jemand klingelte an der Tür und erklärte uns, dass wir unmöglich weiter üben könnten, weil sie ein Schläfchen halten wollte, oder was auch immer. Sie sagte, es sei früher Sonntagnachmittag, deshalb sollten wir überhaupt nicht mehr üben. Ich ging zu Richter und sagte es ihm auf Russisch. Wissen Sie, Richter wurde sofort wütend. Er warf seine Brille auf den Boden und sie zerbrach in tausend Stücke. Er war so aufgebracht, dass er minutenlang auf Russisch fluchte. Dann lief er weg. Ich denke, er ging ins Moulin Rouge, aber ich weiß es natürlich nicht sicher. Natürlich zogen wir am nächsten Tag in eine andere Wohnung, und reisten dann zurück nach Tours.



      das häufig Pianisten wie Bomben reagieren können, ist hier schön erkennbar :thumbsup:

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von Paul Ernest ()

    • Shura Cherkassky ein auffallend kleiner runder stark behaarter Mann, mit sehr kleinen Finger, die behaart waren bis zu den Nägel, auch seine kleinen Füssen fielen auf.
      Cherkassky war einige Tage in Zürich zur Aufnahme. Man wusste, dass dies bei ihm einige Tage Zeit in Anspruch nimmt. Am ersten Tag wurde gegen Abend die erste Aufnahmen gemacht, brauchte viel Zeit.
      Cherkassky fing immer wieder von vorne an. Um ca.23 Uhr hörte er plötzlich auf zu spielen, er schaute rum und rief:" ich will jetzt ein Birchermüsli sonst mache ich nicht mehr weiter." Wir schauten uns alle an, wo jetzt ein Birchermüsli herholen. Nach einigen Telefonanrufe erklärte sich ein Nobel Hotel bereit, das Birchermüsli zu liefern.
      Am zweiten Tag spielte er stundenlang, hörte auf und rief :" ich habe Rückenschmerzen, kann so nicht mehr weiter machen, brauche sofort einen Masseur."
      Der Freund und Helfer das Nobelhotel organisierte einen Masseur. Dieser kam, Cherkassky zog sich vor allen ab und legte sich auf einen Tisch. Nach der Massage wird waren in einem anderen Raum , kam der Masseur verabschiedete sich von uns mit grinsendem Gesicht und erwähnte:" das war das erste mal , dass ich einen Affen massiert habe.
      Am dritten Tag, fing die Arbeit mit der Aufnahme am frühen Nachmittag an, nach ca. einer Stunde hörte Cherkaasky auf und fragte wo hier ein gutes Schuhgeschäft sei, er brauche für das Konzert morgen sofort schwarze Lackschuhe.
      Cherkassky wurde in die Bahnhofstrasse gefahren , die Nobel Strasse in Zürich. Nach ca. einer Stunde kam er zurück und schrie und toppte. Der Tonmeister fragte ihn was denn los sei. Was los ist, schrie er: " diese Schweizer ein ungebildetes unkultiviertes Trampelvolk, die gehören zu den Kühen auf die Alp verbannt." Der Tonmeister :" was ist den passiert." Cherkassky: " ich ein grosser Pianist bin, bin von einer Schweizer Kuh beleidigt worden."
      Er rannte herum :" ja was ist passiert ? diese Kuh empfing mich beim Eingang dieses Schuhgeschäftes und fragte was ich wünsche." Als ich ihr meinen Wunsch äusserte, schaute sie auf meine Füsse, lächelte und zeigte mit den Finger auf die Treppe und sagte mir mit lauter Stimme:" sie müssen dort die Treppe hinuntergehen, dort unten ist die Kinderabteilung." :D
    • destenay schrieb:



      schlau :N: woran könnte man dies hier erkennen ? ;-P :D


      des bräuchtest ned zu erkennen - wenn ich allein den Flügel im ersten Lehrjahr dorten aufgestellt hätte, könntest Du Mit 99,9% iger Wahrscheinlichkeit da von ausgehen daß er einen Gußplattenschaden hat, so er mir wohl etliche Male runtergefallen wäre.....aber einen Flügel auf die Bühne zu heben - des kann ich ja heut noch nicht :D :D

      Viele Grüße

      Henry
    • Hier nochmal ein Ausschnitt aus dem bereits erwähnten Buch "Great Contemporary Pianists Speak for Themselves" von Elyse Mach, in dem Horowitz über Rachmaninoff spricht. Ich habe es diesmal nicht übersetzt, weil ich mir nicht zutraue, den Charme des Originals adäquat ins Deutsche zu übertragen.


      Rachmaninoff was a great friend of mine. In fact, he was one of the greatest inspirations in my life. (...)

      Then, too, I think Rachmaninoff became a little bit discouraged generally about public reaction to his works. He thought his works were good but that the people didn't understand them. He understandably became a little bitter. A young lady once asked him what inspired him to write such a beautiful work as the Second Concerto, which I think is brilliant, celebrated, and easy for the public to listen to. Rachmaninoff looked down at her from the top of his six-foot-four frame and replied gruffly, "Twenty-five rubles."

      So he began to cut some of his works. The B-flat Sonata, for instance, is twenty-five pages longer in its first edition than it is in the second. Rachmaninoff thought it was too long and perhaps too complicated for pianists, so he decided to shorten it. I went to the master and told him, "I play the first version which is a beautiful thing, and then you do the second version which is even more difficult than the first. I protest!" Rachmaninoff was a very gloomy man and not very easy to approach, but we were fine friends. He replied, "Horowitz, go home. You're a good musician, so put it together and bring it to me. We'll see how it is." So I put it together and he approved everything.
    • Hi all,

      heute gibts etwas ernstere Anekdoten. Protagonist: Louis Moreau Gottschalk, der, wie wir wissen, sich oft in krisengeschüttelten Gebieten, wo es oft lebensgefährlich war, aufhielt!

      Ich fasse zusammen, was in Uruguay und Argentinien los war, gemäß Starr: Bamboula!

      Uruguay: Eiskalter Diktator namens Venancio Flores. Er lud Gottschalk zuweilen ein, zum Dinner. Zum Glück hatte er ihn nicht "aufm Kieker!" Dieser Flores hatte mehrere Söhne, einer davon, Fortunato, war ein Mordbube, Trinker und die "Geißel von Montevideo", der beispielsweise einem seiner eigenen Wache angehörenden Soldaten ( bzw. Milizionär ), als dieser nicht korrekt "stillstand" ihn kurzerhand mit dem Säbel tötete.

      Marodierende Mordbanden durchzogen die Straßen, und jederzeit musste man gewärtig sein, ...ausgeraubt zu werden, überfallen zu werden, oder...für immer zu verschwinden...

      Daher ging Gottschalk niemals unbewaffnet umher, er trug eine Pistole ( Revolver ) sowie einen als Spazierstock getarnten Degen ( er hatte früher Fechtunterricht und ich nehme an, dass er auch mit dem Stick umgehen konnte )..

      Eines nachts in Uruguay war er spät von einem Abendessen bei einem älteren Amerikaner, namens Horne, aufgebrochen, und passierte das dunkle Marktviertel, nach Mitternacht...( schleich...tapp...) ...er dachte: "Eignet sich gut für einen Überfall, hier..." - und schon bemerkte er, dass er verfolgt wurde! Gottschalk schaffte es aber, seinen Gegner zu überraschen, griff seinerseits diesen an, und setzte einen Würgegriff an, bis der Gegner um Gnade flehte!

      Er erklärte, dass er nur ein Diener des guten Mr. Horne war, der ihn hinter Gottschalk hergeschickt hätte, um auf ihn achtzugeben, falls er überfallen worden wäre oder werden sollte!

      ______________________

      Weiteres, diesmal aus Argentinischen Provinzstädten:

      Hier waren üble Bürgerkriegsähnliche Zustände, und Todesschwadronen von Milizionären säten Tod und Brand!!

      Der Banditenanführer Perez trieb es am schlimmsten.

      Nach einem Konzert kehrte Gottschalk in sein Hotel zurück: Er stolperte über einige "Polizisten", die auf dem Boden lagen und schliefen, neben ihnen ihre geladenen Gewehre.

      Sie - bzw. einige wachten wohl auf: Gottschalk hatte Glück, dass ihm, als bekanntem Ausländer, ein solches "Vergehen", sie aufgeweckt zu haben, verziehen wurde...

      Als sie wieder eingeschlafen waren, und dann jedoch ERNEUT aufgeweckt wurden, nur kurze Zeit später, diesmal allerdings durch ein paar einheimische Jugendliche, wurde sang und klanglos das Feuer eröffnet.

      One placed the musket on the ear of an offender and blew his head off.
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      Gefährliche Zeiten damals, mja.

      LG, Olli!
    • Puh, endlich Feierabend. Ich brauch mal einen Beruf mit geregelten Arbeitszeiten :sleeping: :)

      Es folgt eine Rachmaninow-Anekdote für deren Wahrheitsgehalt ich meine Hand aber nicht ins Feuer legen würde. Ich habe sie aus dem Buch "The book of musical anecdotes" von Norman Lebrecht, aber die Original-Quelle ist mir nicht bekannt. Wie dem auch sei, wenn sie nicht wahr sein sollte, so wäre sie doch gut erfunden.

      Den Anfang kürze ich ein bisschen ab... Rachmaninow und Schaljapin waren im Januar 1900 erstmals bei den Tolstois in Jasnaja Poljana eingeladen. Beide waren große Verehrer Tolstois und furchtbar aufgeregt, den großen Schriftsteller nun endlich kennenlernen zu dürfen. Es kam wie es kommen musste, sie wurden aufgefordert, etwas Musik zum besten zu geben. Schaljapin sang Rachmaninows Lied "Schicksal" , das durch Beethovens 5. Sinfonie inspiriert ist, Rachmaninow begleitete ihn am Klavier.

      Ab hier kommt nun meine Übersetzung aus dem genannten Buch:

      Rachmaninow erinnert sich an den Besuch:

      Zu beschreiben wie Fedja sang, ist unmöglich. Er sang - wie Tolstoi schrieb. Wir waren beide sechsundzwanzig Jahre alt. Wir führten mein Lied "Schicksal" auf. Als wir zum Ende gekommen waren, spürten wir, dass alle begeistert waren. Plötzlich verstummte der enthusiastische Applaus und alle waren still. Tolstoi saß etwas entfernt in seinem Sessel und sah mürrisch und verärgert aus.

      Während der nächsten Stunde ging ich ihm aus dem Weg, doch auf einmal kam er auf mich zu und erklärte aufgeregt: "Ich muss mit Ihnen sprechen, ich muss Ihnen sagen, wie schlecht mir das alles gefällt." Und so ging es immer weiter "Beethoven ist Unsinn, genauso wie Puschkin und Lermontow." Es war furchtbar. Sofia Andrejewna stand hinter mir, sie legte ihre Hand auf meine Schulter und flüsterte "Machen Sie sich nichts draus, machen Sie sich nichts draus. Bitte widersprechen Sie ihm nicht. Ljowka darf sich nicht aufregen. Das ist sehr schlecht für ihn."

      Tolstoi wandte sich wieder an mich "Bitte entschuldigen Sie. Ich bin ein alter Mann. Ich wollte Sie nicht verletzen. Ich antwortete: "Wie könnte ich mich um meinetwillen verletzt fühlen, wenn ich es nicht um Beethovens willen bin?" Aber ich ging dort nie wieder hin. Sofia Andrejewna lud mich jedes Jahr nach Jasnaja Poljana ein, aber ich lehnte immer ab. :-()

      Die Geschichte geht noch weiter. Dieses Erlebnis ging Rachmaninov offenbar sehr nach und er suchte bei seinem Freund Tschechow Trost. Dieser soll ihm darauf gesagt haben: "Tolstoi ist wie Magenschmerzen. Man kann nichts dagegen tun, außer sie zu ignorieren."

      Oh Mann - bei alldem wäre ich sooo gern dabeigewesen!

      Viele Grüße
      Lila
    • Lila schrieb:

      Oh Mann - bei alldem wäre ich sooo gern dabeigewesen!
      und als seine erste Sinfonie kurz darauf durchfiel, musste er psych. Hilfe aufsuchen: das zweite Klavierkonzert ist seinem Therapeuten gewidmet.
      Aber: Rach kräftigte sich und wurde mit den Jahren cooler:
      wenn der Scheck stimmt, ist auch die Akkustik ok.
      soll er zu Horowitz gesagt haben, jedenfalls berichtete Horowitz das.
    • Feiertag in Baden-Württemberg - Zeit für Anekdoten 8) :

      Die folgenden beiden sind eigentlich eher Violinisten-Anekdoten, aber es kommen auch Pianisten drin vor (also nur halb OT) und außerdem finde ich sie ganz nett:

      1.
      George Enesco hatte einmal aus finanziellen Gründen einen mäßig talentierten Schüler mit reichem Vater angenommen. Dieser Vater finanzierte auch ein Konzert für seinen Sohn. Enescu begleitete den jungen Violinisten auf dem Klavier. Zum Konzert erschienen auch einige Freunde Enescus, unter anderem auch Cortot. Dieser half Enescu beim Umblättern der Noten aus.

      Die Pariser Presse berichtete über das Konzert folgendermaßen: "Gestern wurden wir mit einem merkwürdigen Konzert erfreut. Der Herr, der die Noten umblätterte, hätte Klavier spielen sollen. Der Herr am Klavier hätte Violine spielen sollen. Der Herr, der die Violine spielte, hätte die Noten umblättern sollen."

      2.
      Das New Yorker Debut von Jascha Heifetz 1917 muss spektakulär gewesen sein. Bei dem Konzert in der Carnegie Hall waren auch Mischa Elman, ebenfalls ein berühmter Violin-Virtuose, und sein Freund Leopold Godowsky anwesend. Es geht die Legende, dass während des Konzerts Elman immer unruhiger wurde, sich den Schweiß von der Stirn wischte und sich schließlich Godowsky zuwandte: "Ganz schön heiß hier drin, nicht?" Godowsky antwortete: "Nicht für Pianisten."
    • Ich habe neulich eine groteske Anekdote über Maria Yudina gelesen, die offenbar auf Shostakovichs Memoiren (Zeugenaussage) zurückgeht.

      Bekannt ist wohl, dass Maria Yudina Stalins Lieblingspianistin war. Nachdem Stalin im Radio ein Mozart-Klavierkonzert mit ihr gehört hatte, rief er dort an und fragte, ob es eine Aufnahme davon gäbe. Man antwortete ihm, dass selbstverständlich eine Platte vorhanden sei, was aber nicht stimmte. Das Konzert war live übertragen worden und es gab offenbar tatsächlich keine Aufzeichnung. Niemand traute sich, dies Stalin zu sagen - man sagte nicht "Nein" zu ihm. Er befahl also, die Platte zu schicken. Daraufhin wurden Yudina und das Orchester zusammengetrommelt, um nachts in höchster Eile eine Platte aufzunehmen. Angeblich musste der Dirigent wieder nach Hause geschickt werden, weil er so panisch war, dass er das Orchester nicht für die Aufnahme leiten konnte. Ein Ersatzdirigent musste kommen. Aber die Fertigstellung der Aufnahme gelang und früh am nächsten Morgen wurde die Platte gepresst und an Stalin geschickt.

      Kurz darauf erhielt Maria Yudina einen Brief mit 20000 Rubel als Dank von Stalin. Sie schrieb ihm einen Antwortbrief, von dem sie Shostakovich erzählt hat. Er schreibt, dass er keinen Grund hat, ihre Erzählung anzuzweifeln, weil sie (als sehr fromme Christin) niemals log. Sie soll folgendes geschrieben haben:
      "Ich danke Ihnen, Jossif Wissarionovich, für Ihre Hilfe. Ich werde Tag und nacht für Sie beten und Gott bitten, Ihnen Ihre schweren Sünden vor Volk und Land zu verzeihen. Der Herr ist gnädig, er wird Ihnen verzeihen. Das Geld stifte ich für die Renovierung der Kirche in die ich gehe".
      Dass sie überlebte und davon erzählen konnte, zeigt, wie sehr Stalin sie geschätzt haben muss.